Rio+20: Zeit für eine Kehrtwende in der Landwirtschaft

20 Jahre nach dem Erdgipfel von 1992 werden sich vom 20.-22. Juni erneut Staats- und Regierungschef in Rio de Janeiro zur „UN-Konferenz über nachhaltige Entwicklung" (Rio+20) versammeln. 1992 hatte der Gipfel das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung als Ziel vereinbart: eine Entwicklung, die es der heutigen Generation erlaubt, ihre Bedürfnisse zu befriedigen ohne künftige Generationen dieser Möglichkeit zu berauben. Dabei sind die drei Säulen wirtschaftliche Entwicklung, soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz eng miteinander verflochten. Neben der Biodiversitäts- und Klimarahmenkonvention wurde unter anderem das globale Aktionsprogramm Agenda 21 verabschiedet. Kapitel 14 widmet sich der Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft und ländlichen Entwicklung. Das Hauptziel sollte die nachhaltige Steigerung der Nahrungsmittelproduktion und die Verbesserung der Ernährungssiche- rung sein. Zwei Jahrzehnte später sind bei der Umsetzung dieser Agenda immer noch starke Defizite zu verzeichnen und ein kohärenter Ansatz zur Bekämpfung von Hunger und Armut fehlt.

Die altbekannten Probleme...

Bisher konnten bei der Bekämpfung von Armut und Hunger sowie beim Umweltschutz kaum Fort- schritte erzielt werden. Es gilt als unwahrscheinlich, dass es gelingen wird, die Zahl der Hungernden bis zum Jahr 2015 zu halbieren. Immer noch leiden fast eine Milliarde Menschen an Unterernährung - eine eklatante Verletzung des Rechts auf Nahrung. Eine neue Hungerkatastrophe bahnt sich aktuell am Horn von Afrika an. Die Leidtragenden sind meist Frauen, Kinder und Kleinbauern.
Auch beim Klima- und Umweltschutz fällt die Erfolgsbilanz bescheiden aus: Der Biodiversitätsverlust schreitet fast ungebremst voran, die Treibhausgas-Emissionen steigen. Desertifikation und Land- degradierung machen landwirtschaftliche Flächen unbrauchbar und Wasser wird in manchen Regionen immer knapper. Die industrielle Landwirtschaft und das globale Ernährungssystem führen ihre nicht nachhaltige Abhängigkeit von externen Inputs fort und sind für einen Großteil der weltweiten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Monokulturen und der Pestizideinsatz in der industriellen Landwirtschaft tragen zur Auslaugung der Böden und Übernutzung der Wasservorräte bei.

Rio+20: Weichenstellung für die Zukunft der Landwirtschaft

Die Rio+20-Konferenz bietet nun eine historische Chance, diese drängenden Probleme anzugehen. Weitreichende und verbind- liche Entscheidungen müssen getroffen werden, um einen wahren Richtungswechsel einzuleiten und zu verhindern, dass weitere 20 Jahre ungenutzt verstreichen. Da die Landwirtschaft zu den Hauptverursachern von Treibhausgas-Emissionen und Umweltzerstörung zählt, muss ihr auf der Agenda von Rio+20 ein hoher Stellenwert eingeräumt werden. Der Weltagrarbericht und zahlreiche Studien haben gezeigt, dass eine nachhaltige kleinbäuerliche Landwirtschaft, die auf Agrarökologie basiert, eine wachsende Weltbevölkerung ernähren kann. Daher ist es unerlässlich, dass die Rio+20-Konferenz die politischen Rahmenbedin- gungen schafft, um nachhaltige Formen von Landwirtschaft zu stärken. Dazu ist eine Transformation industrieller landwirtschaftlicher Praktiken hin zu nachhaltigen Systemen nötig, die die Biodiversität schützen, die Bodenfruchtbarkeit erhöhen und sichere, nahrhafte Lebensmittel für alle bereitstellen.

Grüner Anstrich für „Business as usual" ist keine Option

Die Rio+20-Konferenz wird sich auf zwei Hauptthemen konzentrieren: einen neuen institutionellen Rahmen für nachhaltige Entwicklung und die sogenannte „Green Economy" im Kontext nachhaltiger Entwicklung und Armutsbekämpfung. Es wird erwartet, dass eine Umgestaltung hin zu einer grünen Wirtschaft Jobs schaffen, Wachstum generieren und so Armut reduzieren wird. Das bisher von Rio+20 vorgelegte Konzept beinhaltet jedoch keinen tiefgreifenden Wandel. Es folgt der gleichen Logik des bestehenden Wirtschaftssystems, das auf grenzenloses Wachstum setzt und ignoriert, dass die Ressourcen unseres Planeten endlich sind. Der erste Entwurf des Konferenz-Abschlussdokuments schlägt eine „nachhaltige Intensivierung der Lebensmittelproduktion" vor. Dies verleiht der aktuellen Intensivierung in der Landwirtschaft lediglich ein grünes Deckmäntelchen, statt nachhaltige klein- bäuerliche Landwirtschaft zu unterstützen. Dem bestehenden Produktionsmodell einen grünen Anstrich zu geben und so weiter wie bisher zu machen trägt nicht zur Bewältigung künftiger Heraus- forderungen bei. Rio+20 muss Bilanz ziehen über die Umsetzungsdefizite und unser Landwirtschafts- und Ernährungssystem grundlegend umgestalten. Dazu ist ein klarer Zeitrahmen, konkrete Ziele und stetiges Monitoring nötig, um die Umsetzung der Ergebnisse sicherzustellen. >>mehr

Grundlagen

  • Synthese-Bericht des UN-Generalsekretärs zur Post-2015-Agenda. Dezember 2014
  • UNCSD Offizielle Homepage der United Nations Conference on Sustainable Development (Rio+20)
  • FAO at Rio+20 Seite der UN Landwirtschafts- und Ernährungsorganisation zu Rio+20
  • The future we want Abschlussdokument der Rio+20-Konferenz, Stand 19. Juni 2012.

Bewegung

  • Rio+20 Blog des Evangelischen Entwicklungsdiensts mit aktuellen Beiträgen
  • EED Rio+20-Seite bietet viele Hintergrundinformationen, Publikationen und Links
  • Kurswechsel Landwirtschaft Rio+20 muss die Weichen für eine ökologische Landwirtschaft stellen fordert Biovision
  • Forum Umwelt und Entwicklung Seite mit Links, Materialien und Hintergrundinfos "Rio für Einsteiger"
  • Misereor Rio - zwanzig Jahre danach
  • BUND zur Rio+20-Konferenz
  • NABU Rio-plus-20-Konferenz: Globale Nachhaltigkeitspolitik stärken

Literatur

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Rio+20 - Zeit zu handeln!

Dokument mit Vorschlägen zu Ernährung und Landwirtschaft für Rio+20 zum Unterzeichnen.

Brot für die Welt mithilfe nachhaltiger Landwirtschaft

Empfehlungen der Tagung hochrangiger Experten für die Rio+20-Konferenz, New York, 15./16. März 2012.

Unterstützer

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